Guten Tag, Shalom und herzlich willkommen auf diesem Portal, auf dem wir Ihnen mit großer Freude, ein wenig auch mit Stolz vorstellen möchten, wie groß die Vielfalt Jüdischen Lebens im Land Brandenburg ist – 1700 Jahre nachdem erstmals urkundlich erwähnt wurde, dass Jüdinnen und Juden in unserer Mitte leben, 350 Jahre, nachdem der Große Kurfürst es 50 aus Wien vertriebenen jüdischen Familien erlaubte, sich in der Mark anzusiedeln.
„Zu Beforderung Handels und Wandels“, gegen hohe Schutzgeldzahlungen, immer wieder neu ersonnene Zwangsabgaben und Gebühren und unter strengsten Restriktionen durften die Jüdinnen und Juden ihren Wohnsitz hierzulande nehmen. Und doch, allen Repressionen zum Trotz wuchsen die Jüdischen Gemeinden. Wenn das Datum 1671 ein Anlass zum Feiern ist, dann, weil es die Initialzündung dafür war, dass Jüdinnen und Juden mit unglaublichem Elan, mit Pionier- und Gründergeist, mit Durchhaltevermögen und Chuzpe in Brandenburg sesshaft wurden und nach und nach nicht nur Handel und Wandel befördert haben, sondern das gesamte gesellschaftliche Leben.
Ob in der Philosophie, in der Literatur, Malerei und Musik, in der Wissenschaft, der Medizin, in der Wirtschaft, überall haben Jüdinnen und Juden herausragende Beiträge geleistet. Einen Namen möchte ich besonders hervorheben: Moses Mendelssohn, der als Wegbereiter der jüdischen Aufklärung gilt und dessen Wirken weit über unsere Region hinausstrahlt und einen Wendepunkt markiert. Mit der Aufklärung kam auch die Emanzipation des Judentums und es folgte endlich auch die rechtliche Gleichstellung der Jüdinnen und Juden in Preußen.
350 Jahre jüdisches Leben in Brandenburg lassen sich indes nicht betrachten, ohne auch das fortwährende Unrecht zu sehen, das jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern widerfahren ist und das schließlich im beispiellosen Verbrechen der Schoah gipfelte. Wollen wir dieses Jubiläum auch in Erinnerung an die Jüdinnen und Juden begehen, die aus unserer Mitte von ihren deutschen Mitbürgern ermordet wurde.
Und wollen wir, nicht nur aus historischer Verpflichtung, sondern aus tiefster menschlicher Überzeugung und Verantwortung dem Antisemitismus entgegentreten, in welcher Form er uns heute auch begegnet.
Nach jahrhundertelanger Diaspora haben Jüdinnen und Juden aus aller Welt, auch aus dem heutigen Brandenburg in Israel wieder eine Heimstatt gefunden. Umgekehrt sind, welch Geschenk, in den letzten Jahren israelische Bürgerinnen und Bürger auch nach Brandenburg gezogen und prägen unser Land mit. Ohne Frage. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind besondere. Wenn Menschen angegriffen werden, weil sie jüdisch sind und sich dem Land Israel in besonderer Weise verbunden fühlen, müssen wir dem unabhängig von politischen Entscheidungen von Regierungen entschlossen entgegentreten.
Das erfreuliche ist, dass jüdisches Leben heute in Brandenburg ebenso in seinen Gemeinden sichtbar wird wie in der Wissenschaft. Das Moses Mendelssohn Zentrum, dem wir dieses Internetportal zu verdanken haben und dem ich dafür sehr herzlich danke, betreibt mit weltweiter Anerkennung europäisch-jüdische Studien und setzt so das Werk seines Namensgebers fort. Mit dem Abraham Geiger Kolleg, dem Zacharias Frankel College und der School of Jewish Theology hat in Potsdam eine Stätte jüdischer Gelehrsamkeit ihr Domizil gefunden, die weit über Brandenburg hinausstrahlt und europaweit ihresgleichen sucht.
Jüdisches Leben in Brandenburg heute ist bunt und vielfältig. Wie ein Kaleidoskop zeigt dieses Portal diese Lebendigkeit. Eben das ist mir wichtig und das ist unser besonderes Anliegen in diesem Jubiläumsjahr und darüber hinaus: jüdisches Leben in unserer Mitte sichtbar machen.
Umso mehr freut es mich, dass wir in unserer Landeshauptstadt eine Synagoge bauen und diesem wichtigen Teil unserer Gesellschaft ein neues Zentrum geben – für ein Miteinander im Gebet, in der Kultur, im Feiern, in Freude und Euphorie und auch in der Trauer. Und wollen wir dieses ganz selbstverständliche Miteinander auch jenseits dessen leben – und begreifen, dass es doch ganz und gar nicht selbstverständlich ist, nämlich ein großes Geschenk!
Manja Schüle