Das Moses Mendelssohn Zentrum auf Ausstellungsbesuch in Trebbin
Zwar ist das Hauptgebäude des ehemaligen Landwerks Ahrensdorf noch vorhanden, eine Darstellung zur Geschichte der einstigen Hachschara-Stätte wird vor Ort allerdings vergebens gesucht. Das gesamte Gelände, mitsamt dem leerstehenden und langsam verfallenden ehemaligen Hauptgebäude, welches unweit von Trebbin im Landkreis Teltow-Fläming liegt, befindet sich heute in Privatbesitz und kann weder betreten noch besichtigt werden.
Kurz vor dem umzäunten Gelände weist eine Gedenktafel auf die Existenz der einstigen Hachschara-Stätte hin.
Diese Tafel wurde 1997 auf Initiative des zu dieser Zeit noch existierenden „Fördervereins für eine internationale Begegnungsstätte Hachschara Landwerk Ahrensdorf“ aufgestellt. Sie trägt folgende Inschrift: „Auf diesem Gelände befand sich 1936–1941 das Landwerk Ahrensdorf. Als Hachschara-Stätte wurde es für über zweihundert jüdische Jungen und Mädchen eine Brücke zum Leben und ermöglichte ihnen Flucht und Rettung. Das Leben von 48 Hachschara Teilnehmern endete in der Vernichtung.“ Danach folgt in Deutsch und Hebräisch geschrieben: „Jeder der eine Seele rettet, rettet eine ganze Welt“.
Heute wirkt das Gelände einsam und verlassen, die Geschichte der einstigen Hachschara-Stätte, die sich dort von 1936–1941 befand, scheint fast vergessen. Dabei ist das ehemalige Landwerk Ahrensdorf eine der wenigen ehemaligen Hachschara-Stätten in Deutschland, bei der bis heute die vorhandene Bausubstanz noch der damaligen entspricht.
Das Landwerk Ahrensdorf bot Platz für ungefähr 80 Jungen und Mädchen. In der durch den Jüdischen Pfadfinderbund Makkabi Hazair eingerichteten Ausbildungsstätte nahmen Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren an der Hachschara teil und wurden somit durch eine vorrangig gärtnerisch-landwirtschaftliche Ausbildung auf die Auswanderung nach Palästina, damals britisches Mandatsgebiet, vorbereitet.
Doch bei genauerer Beschäftigung mit dem Thema Landwerk Ahrensdorf fällt auf, dass der Eindruck täuscht, wonach eine Darstellung der Geschichte des einstigen Landwerks in der Gegend fehle. Zwar nicht direkt am authentischen Ort aber dennoch nur ein paar Kilometer von Ahrendsorf entfernt, im angrenzenden Trebbin, ist bis heute einiges über das damalige Landwerk zu erfahren.
Die Ausstellung
Bereits im Frühjahr 1996 entstand die Ausstellung „Einblicke zur Hachschara – Das Landwerk Ahrensdorf 1936–1941. Eine Brücke zum Leben“. Zur damaligen Zeit galt dieses Gemeinschaftswerk, welches aus der Zusammenarbeit des Heimatmuseums Luckenwalde und des bereits oben erwähnten Fördervereins unter Schirmherrschaft des Landrates des Landkreises Teltow-Fläming entstand, als einzigartig: so war die Geschichte der vielen ehemaligen Hachschara-Stätten in Deutschland, von denen sich viele, wie eben auch das Landwerk Ahrensdorf, in Brandenburg befanden, weitestgehend unbekannt.
Es ist Ruth und Herbert Fiedler zu verdanken, dass in den nachfolgenden Jahren noch drei weitere Ausstellungen zum Thema entstanden. Das Ehepaar trug die Dokumente und Fotos für die Ausstellungen zusammen, bis 2006 der Vorstand des Fördervereins beschloss, alle bisherigen Ausstellungen zusammenzufassen. Das Ergebnis ist bis heute in Form einer Dauerausstellung zu sehen. Bisher stellte die Stadt Trebbin einen Raum im Gebäude der Trebbiner Oberschule zur Verfügung. Da dieser Raum nun umgebaut und für schulische Zwecke genutzt werden soll, muss die Ausstellung umziehen.
Ein Besuch vor Ort
Anfang April machte sich Prof. Dr. Miriam Rürup, Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrums in Potsdam zusammen mit Nina Zellerhoff (auch MMZ) auf den Weg nach Trebbin, um diese einzigartige und besondere Ausstellung zu besichtigen und um sich ein Bild von einer zukünftigen Präsentation vor Ort machen zu können. Herzlich empfangen wurden sie bei Ankunft in der Schule von Doris Kieback, ehemalige Lehrkraft der Schule und selbst Trebbinerin. Bis heute betreut sie die Ausstellung und führt bei Bedarf durch diese. Sie kannte Herbert Fiedler persönlich und war ebenso Mitglied im besagten Förderverein. Dies ist nur einer der vielen Gründe, warum es ihr ein großes Anliegen ist, dass diese Ausstellung auch zukünftig besichtigt werden kann und Interessierte sich so mit der Geschichte des Landwerks und der Hachschara vor Ort auseinandersetzen können. Besonders Schulklassen rezipieren die Ausstellung häufig mit großem Interesse, aber auch andere Personen außerhalb der Schule besuchen die Ausstellung. Die nötige Relevanz einer solchen Schau ist eindeutig und ihr kann nur gerecht werden, wenn sie mehr Sichtbarkeit bekommt. Solange die Ausstellung aber, wie aktuell und wohl auch bereits für die anderen Räumlichkeiten aus Kapazitätsgründen absehbar, nicht für alle eigenständig zu besichtigen und frei zugänglich ist, wird dies unmöglich sein. Derzeit ist allein durch Frau Kieback gewährleistet, dass die Ausstellung auf Anfrage besichtigt werden kann. Es fehlt also an geeigneten Räumlichkeiten und somit auch an geregelten Öffnungszeiten.
Für die Zukunft ist zu wünschen, dass zum einen die Ausstellung, aber auch der historische Ort weiter sichtbar bleiben bzw. noch sichtbarer werden. Insbesondere die Ausstellung ist ein wichtiger Vermittlungsaspekt für die Geschichte der Umgebung und insbesondere der jüdischen (Regional-) Geschichte. Viele ehemalige Ahrensdorfer Hachschara-Teilnehmer:innen haben nicht überlebt. An sie wird durch die Gedenktafel vor Ort sowie durch die Ausstellung erinnert. Das Projekt „Hachschara als Erinnerungsort“ und das Moses Mendelssohn Zentrum in Potsdam werden sich bemühen, dieses Projekt mit ihrer wissenschaftlichen Expertise zu begleiten und so auch in Zukunft eine würdige und aufmerksame Erinnerung an das Landwerk Ahrensdorf zu generieren.
1941 wurde das Landwerk Ahrensdorf von den Nationalsozialisten geschlossen. Alle noch in Ahrensdorf befindlichen Jugendlichen wurden in die Sammellager Neuendorf oder Paderborn überführt. Diese wurden zunehmend zu Zwangsarbeiterlagern, Deportationen in Konzentrationslager folgten. Im Frühjahr 1943 wurden die letzten noch in Neuendorf verbliebenen ehemaligen Teilnehmer:innen der Ahrensdorfer Hachschara nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Miriam Rürup und Nina Zellerhoff